Multitalent Glas: Wie sich der Werkstoff optimal bearbeiten lässt - scinexx.de

2022-11-14 15:29:14 By : Ms. Celia Wang

Egal, ob das Trinkglas, das wir uns morgens mit Wasser füllen, die Windschutzscheibe, die uns vor dem Regen schützt oder das Röhrchen, in dem unser Blut für die Untersuchung gesammelt wird – Glas ist vielseitig und begegnet uns im täglichen Leben auf unterschiedliche Art und Weise. Glas ist damit ein Tausendsassa. Doch der Werkstoff stellt selbst erfahrene Handwerker oft vor Herausforderungen, denn Glas kann auch zerbrechlich und spröde sein und bedarf daher spezieller Techniken und Werkzeuge, um in Form gebracht werden zu können. Der folgende Artikel stellt das Multitalent Glas näher vor und gewährt einen Überblick über die wichtigsten Bearbeitungsmöglichkeiten.

Transparent und transluzent – das sind zwei der wichtigsten Eigenschaften von Glas. Daneben ist der Werkstoff unheimlich vielseitig, nimmt keine fremden Gerüche an und ist selbst geruchslos. Zeitgleich weist er eine geringe elektrische Leitfähigkeit auf und lässt sich ab 600 °C wieder verflüssigen. All das macht ihn seit Tausenden von Jahren für uns Menschen so interessant. Doch was ist Glas eigentlich genau? Grob gesagt handelt es sich dabei vordergründig um geschmolzenen Sand und ein paar weitere Bestandteile. Heute zählen Quarzsand, Soda, Kalk, Dolomit, Pottasche und Feldspat zu den wichtigsten Rohstoffen, die verwendet werden, um Glas zu erzeugen. Allein diese Aufzählung an Stoffen macht deutlich, dass Glas kein Hightech-Produkt ist, das künstlich im Labor entwickelt wurde, sondern einen natürlichen Ursprung hat. Man könnte sogar sagen: Die Menschen haben Glas nicht erfunden, sondern gefunden. Nämlich in Gegenden mit Quarzsand oder -gestein. Schmilzt dieser Sand bei hohen Temperaturen, etwa wenn ein Blitz einschlägt oder ein Vulkan ausbricht, so entsteht dort Glas. Das erkannten zunächst die Ägypter – nach und nach breitete sich das Glas-Handwerk sodann auf die gesamte Erde aus. Heute werden die benötigten Komponenten natürlich nicht mehr in freier Wildbahn geschmolzen, sondern in modernen Fabriken. Hierzu werden sie zunächst auf 1.600 Grad erhitzt, später wieder abgekühlt und in Form gebracht. Eine einheitliche Charakterisierung von Glas gibt es allerdings nicht. Denn die chemische Zusammensetzung als auch die Herstellungsverfahren unterschiedlicher Glasvarianten unterscheiden sich. Dies führt auch zu verschiedenen Benennungen. Und das ist noch nicht alles: Glas lässt sich auch auf vielfältige Art und Weise bearbeiten. Die richtige Bearbeitung bereitet den Werkstoff optimal für seinen Einsatzzweck vor.

Flachglas ist eine der wichtigsten Kategorien von Glas. Damit wird jedes Glas in Form von Scheiben bezeichnet. Und das Schneiden dieses Flachglases gehört zu den elementarsten Bearbeitungsschritten in der Glasbearbeitung. Hierbei kommt es auf den passenden Zuschnitt bzw. die Qualität der Schnittkante an. Denn durch einen exakten Zuschnitt können nicht nur Prozesskosten gespart werden, sondern auch der Verschnitt hält sich in Grenzen. Der gesamte Prozess geht mittlerweile weitgehend mechanisiert vonstatten: Computergesteuerte Anlagen transportieren die riesigen Glasplatten vom Lager zur Schneidemaschine, die sodann die passenden Scheiben herausschneidet. Modernen und präzisen Maschinen, die die verschiedenen Arbeitsschritte durchführen, kommt hierbei daher eine Schlüsselrolle zu.

Eine der wichtigsten Methoden, um Glas zu schneiden und gerade Schnitte zu erzielen, ist jene, bei der ein gehärtetes Schneidrad oder ein Diamant zum Einsatz kommt. Mit dem jeweiligen Schneidwerkzeug wird zunächst ein Anriss in der Glasoberfläche erzeugt und danach direkt über einer Kante gebrochen. Ein sauberer Schnitt ist dabei unerlässlich, damit der Riss nicht aussplittert. Deswegen werden auch Schneidflüssigkeiten verwendet, um dieses Risiko zu minimeren. Gekrümmte Schnitte sind hingegen nur bedingt möglich und mit besonderen Herausforderungen verbunden, denn der Bruchverlauf kann hierbei ungewollt vom vorgegebenen Anriss abweichen. Die Folge: Es können wellige Schnittkanten, Mikrorisse oder Ausbrüche entstehen, worunter die allgemeine Qualität der Kante leidet und damit auch die Festigkeit des Glases. Nachbearbeitungsmaßnahmen, wie allen voran Schleifen, können somit nötig werden, um dies bestmöglich auszumerzen.

Glas kann zudem mit dem sogenannten Wasserstrahlverfahren geschnitten werden. Hierfür sind Düsen von 0,1 bis 0,6 mm nötig, sowie ein Druck von bis zu 4000 bar. Beides ergibt einen äußerst feinen Wasserstrahl, der – zusammen mit entsprechenden Schleifmitteln – dazu imstande ist, Glas zu schneiden. Auch bei dieser Methode sind moderne Computerprogramme unerlässlich.

Eine weitere Möglichkeit, vor allem für Spezialgläser, ist das Schneiden mittels Laser – ebenso computergesteuert. Der Vorteil: Dieses Verfahren ist äußerst präzise. Der dadurch erzielte Sprung im Glas bildet sich exakt in der gewünschten Schnittrichtung aus, das Risiko von Einläufen und Ausbrüchen minimiert sich gleichzeitig signifikant. Auch die Nachbearbeitung begrenzt sich auf wenige Arbeitsschritte, da die Schnittkanten bei dieser Methode meist eine hervorragende Oberflächenqualität besitzen.

Scharfe Glaskanten sind nur dort möglich, wo absolut keine Verletzungsgefahr besteht – für alle anderen Einsatzgebiete von Glas ist das Schleifen und Polieren essentiell. Auch diese Prozesse gehen heutzutage weitgehend maschinell vonstatten, wobei es unterschiedliche Ausführungen von Glaskanten gibt: geschnitten, gesäumt, maßgeschliffen und justiert, geschliffen und feinjustiert sowie poliert:

Darüber hinaus gibt es unterschiedliche Facettenschliffe, womit sich Kantenbereiche optisch weiter aufwerten lassen.

Des Weiteren ist es möglich, Löcher in Flachgläser zu bohren. Hierfür sind spezielle Glas- oder Spiralbohrer nötig, denn ein Metall- oder Steinbohrer würde zu viel Reibung erzeugen und überhitzen. Zylindrische oder konische Bohrlöcher sind hierbei Standard, gebohrt wird vordergründig mit dem Wasserstrahl- oder dem Diamantbohrverfahren, wobei es auch hier längst nicht mehr ohne Computerunterstützung geht. Ebenso ist hierfür ein speziell bearbeitetes Glas nötig, denn eine punktförmige Aufhängung beansprucht Glasscheiben in höchstem Maße. Zum Einsatz kommen daher vorgespannte Glasscheiben – zum Beispiel Einscheibensicherheitsglas oder teilvorgespanntes Glas. Gebohrt wird dabei noch bevor das Glas thermisch vorgespannt weiterverarbeitet wird. Die entstandenen Kanten werden sodann geschliffen.

Oft wird Glas heutzutage auch mattiert, um eine blickdichte Oberfläche zu erzeugen. Der Werkstoff wird hierfür sandgestrahlt, geschliffen oder gar geätzt. Ebenso lässt sich Glas beschichten, beispielsweise um besser in puncto Sonnenschutz oder Wärmedämmung abzuschneiden. Auch kann Glas mit Digital- oder Siebdruck aufgepeppt werden, wodurch sich vielfältige Muster oder Beschriftungen anbringen lassen. Und auch eine Emaillierung ist möglich.

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